Monat: März 2017

Workshop „Phänomenologische Videographie“ an der HU Berlin zur pädagogischen Achtsamkeit (mindfulness)

Auf einem Workshop zur „Phänomenologischen Videographie“ am 9. März 2017 (Institut für Erziehungswissenschaften, Allgemeine Erziehungswissenschaft) wurde die Praxis und Theorie pädagogischer Achtsamkeit untersucht. Unterschiedliche Theorien der Achtsamkeit (Mindfulness, Awareness, Ethik der Achtsamkeit) wurden für pädagogische Zusammenhänge fruchtbar gemacht. Ausgehend von der in Berlin entwickelten Theorie der Interattentionalität wurden Aspekte der videographischen und phänomenologischen Methodologie vorgestellt und diskutiert (Pädagogisch-phänomenologische Videographie, Leiblichkeit und Lernen)

Etymologisch hängt Achtsamkeit mit dem deutschen Wort achten bzw. Achtung (Schätzen, Abschätzen; Beachtung, Aufmerksamkeit) zusammen. Es gibt drei Bedeutungsebenen: a. erachten (dafür halten); b. beachten (bewahren, in acht nehmen); c. acht geben (Acht-gabe). Gegenteilig ist von verachten, in Acht schlagen die Rede. Achtsam sein bedeutet zunächst sorgfältig, mit achtsamen Sinnen beachten, aufmerksam, nicht: achtbar, angesehen. (http://woerterbuchnetz.de/DWB/?sigle=DWB&mode=Vernetzung&lemid=GA01898#XGA01898)

Achtsamkeit ist ein abstrakter Begriff und kein Phänomen. Zum Phänomen wird sie erst, wenn man sie in konkrete Praxis übersetzen kann. Achtsamkeit zerfällt in unterschiedliche Praktiken: Hinsehen, Hinschauen, Zuhören, Zuwenden, Ermutigen und – im Horizont von Negativität – Hemmen und Einschränken. Sie ist eine ambivalente, leibliche Praxis des Geöffnet-Seins und des Offen-Seins im Modus der Gelassenheit und in pädagogischer Sicht eine normativ orientierte Praxis, die sich auf den / die Anderen richtet. Diese Praxen lassen sich als Verkörperungen im Antwort-Geschehen qualitativ gehaltvoll beschreiben und videographisch erfassen – so die These.

In einer anschließenden Datensitzung wurden Videosequenzen aus unserem Forschungsprojekt gemeinsam analysiert und Überlegungen zur Praxis und Theorie pädagogischer Achtsamkeit angestellt.


Malte Brinkmann (Fotos: Martin Pohl und Johannes Türstig)

Contemplative Phenomenology Workshop: The Experience of the Present Moment

Vielen Dank an Denis Francesconi für den folgenden Veranstaltungshinweis:

The Mind and Life Institute supports the Contemplative Phenomenology Workshop.

Participants will have the chance to probe, with the help of a team of specialists from Europe and beyond, into various aspects of first-person inquiry, especially those that are relevant for contemplative disciplines: Philosophical phenomenology and lived experience, Cross-interactions between contemplative approaches and empirical first-person approaches, and Buddhist phenomenology.

The workshop is presented by Michel Bitbol, Natalie Depraz and Claire Petitmengin and it will take place in Nemours, France, on 12-16 June 2017.

Tagung zu Embodiment and Mindfulness

Wir möchten auf eine interessante Tagung im Feld zwischen Phänomenologie und Neurowissenschaft aufmerksam machen: Phenomenology and Mindfulness: Interdisciplinary Coalition of North American Phenomenologists Ninth Annual Meeting, Ramapo College of New Jersey, May 25–28, 2017.

Eva Simms – Interview zum Verhältnis Psychologie und Phänomenologie

Eva Simms ist eine international renommierte Vertreterin einer gestalt-psychologisch-orientierten Phänomenologie von Kindern und Umwelt. Sie ist eine der international führenden Vertreterinnen der phänomenologisch-psychologischen Kindheitsforschung. Sie verbindet Leib- und Lebenswelt-Analysen mit Analysen des sozialen Raums. n diesem Intervieuw erläutert sie die Hintergründe ihres Schaffens – lesenswert.

Hier finden Sie ein interessantes Interview mit ihr aus dem Journal Phänomenologie von 2012. Ein Ausschnitt:

Ich sehe die Phänomenologie nach Husserl als den Versuch, die Freiräume des menschlichen Seins, die nicht von den naturwissenschaftlichen Methoden besetzt sind, zu kultivieren und zur Sprache kommen zu lassen. Manche dieser Freiräume, die nicht naturwissenschaftlich erforscht werden können, bilden die Grundlage, auf der allein Wissenschaft möglich ist, wie zum Beispiel die Untersuchung der Wahrnehmungsstrukturen bei Merleau-Ponty oder der kulturellen Diskurspraktiken bei Foucault. Andere Freiräume werden da gefunden, wo die Naturwissenschaft schweigt, wie in der Kunst, der Musik, der Dichtung und der Geschichte. Wieder andere zeigen sich in der Wissenschaftspraxis selber, denn oft hantieren Psychologen und Psychologinnen mit Konzepten, die unbefragt aus der Tradition übernommen und angewandt werden, zum Beispiel der Glaube an »internal representations«, und dann in den Theorien und im Experimentaldesign herumgeistern und Unfug treiben. Ich habe auch einen Freiraum in der Interpretation der Wissenschaftsdaten entdeckt: Man kann viele experimentelle Befunde anders erklären, wenn man sie in den ganzheitlichen Zusammenhang der Existenz der Kinder eingliedert.

Workshop zur Phänomenologischen Videographie in China

Sales Rödel und Malte Brinkmann präsentieren auf einem Workshop im Rahmen des 3rd Sino-Germany Dialogue on Didactic an der East China Normal University (Pädagogische Universität Ostchina) in Shanghai den Ansatz der Pädagogisch-Phänomenologischen Videographie. Im Kontext einer langjährigen Kooperation zwischen der ECNU und der Humboldt-Universität wird bald das erste Zentrum für videographische Unterrichtsforschung eröffnet werden. Wir freuen uns auf weiteren interkulturellen Austausch mit den chinesischen Kolleg/-innen.


Prof. Dr. Malte Brinkmann, Dr. des Sales Rödel