Phänomenologische und gestaltpsychologische Ansätze widmen sich schon lange dem Thema der Materialität im Lernen und Lehren mit und von Kindern. Ch. Bühler bemerkt in ihrer phänomenologisch-psychoanalytischen Studie zur kindlichen Entwicklung: „Der ‚Aufforderungscharakter’ generiert das Objekt erst, weil das Kind Richtung setzt, seit es Richtung setzt“ (Bühler 1967). Der Fußball, der über die Straße rollt, die Treppe, die zum Hinaufsteigen auffordert, das Krümelchen, das zum Auflesen reizt, der Bauklötz, der zum Spielen einlädt. Der Aufforderungscharakter der Dinge und die Intentionen der Handelnden sind in einer „Komplizenschaft“ (Meyer-Drawe) aufeinander bezogen. Claus Stieve zeigt in einer älteren, sehr lesenswerten Studie, dass die Dinge über den Aufforderungscharakter hinaus einen Charakter der „Gefordertheit“ in sich tragen:
„Wie das Anziehen des Pantoffels oder das schon heute nicht mehr gewohnte Aufziehen der Uhr verlangen viele Dinge von uns eine notwendige, angemessene Haltung, sei es ein Korkenzieher, das Handy, das Auto, die Waschmaschine, das Hemd mit seinen Knöpfen oder die Flasche für den Säugling“ (ebd., S. 176).
Die Gefordertheit durch die Dinge zeigt, dass ihre Bedeutung sich nur im Zusammenhang der Situation für uns erschließt. Als Teil dieses gestalthaften Zusammenhangs weisen sie zugleich über sich hinaus.

Siehe hier ein Interview mit dem Autor und den Hinweis auf seine Studie:
https://www.deutschlandfunk.de/jeder-gegenstand-lehrt-uns-etwas.700.de.html?dram:article_id=84340

Malte Brinkmann